„eXXpress“ startete mit Tonspur des Ibiza-Videos
Um 6 Uhr 30 ist heute, Dienstag, das neue österreichische Boulevardmedium „eXXpress“ online gegangen. „Cool, dass wir das geschafft haben und dass alles geklappt hat“, zeigt sich Chefredakteur Richard Schmitt zweieinhalb Stunden später bei einem Redaktionsbesuch der APA erleichtert. Seit 5 Uhr früh war er in den Redaktionsräumlichkeiten im Museumsquartier, in denen früher die Geschäftsführung von „Puls 4“ residiert hat. Der erste Aufmacher von „eXXpress“ gilt dem Ibiza-Video.
Schon die Titelzeile von „eXXpress“ deutet die Zielgruppe an: „für Selberdenker“. Man wollen niemanden bevormunden, betont man. „4.38 Stunden, nicht nur ein kurzer Zusammenschnitt: Das alles wurde in der Ibiza-Finca tatsächlich gesagt!“, bewirbt der Aufmacher den ersten Coup. „Wir wollen, dass sich die Leute selbst ein Bild machen können“, betonen Schmitt und Herausgeberin Eva Schütz unisono. Ironischerweise gibt es dazu nur die Tonspur. Die aber in voller Länge. Teil 1 bietet heute 1 Stunde 10 Minuten, Teil 2 soll morgen den Rest nachliefern. Und wird bei dem Gespräch nun tatsächlich der Name Richard Schmitt lobend erwähnt? Der Ex-„Krone“-Journalist schmunzelt. „Es stimmt, ich komme vor. Aber lange nach Dichand.“
Die Beiträge von „eXXpress“ seien „optimiert für die Aufmerksamkeitsspanne der heutigen Leser, und die beträgt zwischen 1:30 und 2:30 Minuten, ob einem das gefällt oder nicht“, sagt Schütz. Deswegen hat man auch eine Kurz-Zusammenfassung der Tonspur samt Minuten-Angabe der wichtigsten Stellen veröffentlicht, zum Nachhören in Mußestunden. Für die irritierend schlechte Tonqualität ist allerdings nicht die Redaktion verantwortlich. Deutlich kürzer fällt der Text des heutigen Politik-Aufmachers aus. Die im Titel gestellte Frage „Wie krank war Anschober wirklich?“ wird darin allerdings nicht beantwortet.
Es geht am Tag des Launches sehr ruhig zu in der „eXXpress“-Redaktion, in der ohne FFP2-Masken gearbeitet wird. Man sei frisch getestet, sagen Chefredakteur und Herausgeberin. Sechs Journalistinnen und Journalisten arbeiten im kleinen Newsroom des Newsportals am Nachrichten-Nachschub, auf den sieben Screens an den Wänden laufen nicht nur Nachrichtensender, sondern auch der APA-Onlinemanager. Der Newsroom soll künftig von 6 bis 23 Uhr besetzt sein, bei den größeren Stories (die Seite ist unterteilt in „News“, „Politik“, „Economy“, „Lifestyle“ und „Sport“) kann man zunächst noch auf in den vergangenen Tagen vorproduziertes Material zurückgreifen. Die Ibiza-Tonspur habe man vor rund 14 Tagen an Land ziehen können, erzählt Schmitt, stolz, „ein Stück Zeitgeschichte“ präsentieren zu können.
„Dieser Start zeigt auch viel davon, in welche Richtung unsere Arbeit gehen soll: Wir werden das schreiben und zeigen, was ist. Nicht erziehen, nichts vertuschen, keine Vorverurteilungen verbreiten. Wir werden topaktuelle Berichte liefern, mit unseren Reportern und TV-Kameras bei allen großen Ereignissen dabei sein, sie rund um die Uhr informieren“, verspricht das Editorial, das „in der neuen Medienzeit“ willkommen heißt. Diesem Anspruch kann man mit der Mini-Mannschaft derzeit wohl noch nicht gerecht werden? „Was wirklich wichtig ist, bestimmen wir selbst“, sagt Schmitt. „Das wird vielleicht nicht jede Pressekonferenz der Bundesregierung sein.“ Aber bei Großereignissen wie Terroranschlägen oder verheerenden Gasexplosionen wolle man auf jeden Fall mit einem Team selbst vertreten sein.
Mit 16, 17 Redakteurinnen und Redakteuren will man auskommen, fast die Hälfte davon – wie der junge Regisseur, der heute seinen ersten Arbeitstag absolviert – soll den geplanten TV-Kanal bespielen. Für ihn sind auch die meisten Räume reserviert. Technik und Studio-Möbel werden allerdings erst angeliefert. Weiter ist man mit dem Recruiting der Kolumnisten. Sie sollen dem Medium, das sich an eine Leserschaft richtet, die „genug von den Oberlehrern in den Redaktionen, von den Erfüllungsgehilfen mit politischem Auftrag“ hat, „starke Meinungen in den Kolumnen“ liefern. In der heutigen ersten Kolumne meint Publizist Christian Ortner: „Viele Journalisten vergessen, dass sie nicht die Erziehungsbeauftragten ihrer Leser sind. Das ist ein Problem.“ Die gleich darunter durchgeführte Online-Leserbefragung hatte am späten Vormittag knapp 300 Votes. Die Meinung „Die Versuche der ‚richtigen Erziehung‘ der Leser nehmen zu“ lag dabei in Front. Als weitere Kolumnisten wurden die Journalistin Ruth Pauli, „Standard“-Gründungsmitglied Peter Sichrovsky und Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier angekündigt.
Die „eXXpress“-Zielgruppe sei „gesellschaftlich mittig, wirtschaftsfreundlich und liberal“ positioniert, sagt Herausgeberin Schütz. Nicht zuletzt aus dem Grund gebe es positive Signale der Werbewirtschaft. Beim Durch-Scrollen fallen die kleinen Werbe-Banner von Nespresso und Lotto noch nicht wirklich ins Auge. Doch die Finanzierung soll – bei einem Jahresbudget von 1,7 Mio. Euro – für die ersten drei Jahre sichergestellt sein. Im Impressum wird die Eva Schütz Beteiligungs GmbH mit 50,7 Prozent und die libertatem-Stiftung mit 25,1 Prozent als Eigentümer angeführt. Zehn Prozent gehören Chefredakteur Schmitt. In der Blattlinie heißt es u.a.: „eXXpress ist ein bürgerlich-liberales Digitalmedium für Politik und Wirtschaft, dessen objektive, wahrheitsgetreue und kritische Berichterstattung der Information der Öffentlichkeit dienen soll.“
Mit dem Start sind Schütz und Schmitt sehr zufrieden. Und was werden nach zwei, drei Monaten die Kriterien sein, an denen der Erfolg von „eXXpress“ gemessen wird? „Wir wollen unverzichtbar werden und in die Top drei der Nachrichtenportale, die die Leute jeden Tag ansteuern“, sagt Richard Schmitt. „Es soll heißen: Da muss man reinschauen, weil die jeden Tag was Neues haben. Und weil sie anders sind als die anderen.“
(S E R V I C EC – )