Hasspostings sollen künftig leichter geahndet werden
Hasspostings sollen künftig leichter geahndet werden, betroffene User sich rasch, kostengünstig und niederschwellig wehren können. Das ist das Ziel des Gesetzespakets gegen „Hass im Netz“, das Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) am Donnerstag präsentierten – nach langen koalitionären Verhandlungen. Die Opposition sah indes keinen großen Wurf.
Noch nicht einig sind die Koalitionspartner über das Informationsfreiheitsgesetz, mit dem das Prinzip der Amtsverschwiegenheit abgeschafft werden soll. Darüber werde jetzt weiterverhandelt, sagten die Ministerinnen nur.
Das jetzt in Begutachtung gehende Paket gegen „Hass im Netz“ bringt eine neue Plattformverantwortlichkeit für große Onlineforen. Mit einem neuen – und in den ersten drei Jahren kostenfreien – Schnellverfahren können Betroffene rasch die Löschung beleidigender oder übergriffiger Forenbeiträge erreichen. Unter Strafe – bis zu ein Jahr Haft – gestellt wird zudem Upskirting, berichtete Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP).
Mit dem „Hass im Netz“-Paket werde klargestellt, dass „das Internet kein rechtsfreier Raum ist“, sondern auch da der Rechtsstaat gilt, betonte Zadic. Der Tatsache, dass große Online-Plattformen für Löschungswünsche oft nicht erreichbar sind, wird u.a. mit dem Gebot einer konkreten Ansprechperson abgeholfen, schilderte Edtstadler.
Mit dem Paket sollen Opfer von Bedrohungen, Herabwürdigung bzw. bloßstellender Foto- und Filmaufnahmen in Onlineforen bestärkt werden, sich zur Wehr zu setzen, unterstrich Raab. Für Frauen sei das „ein Meilenstein“ – vor allem für junge Mädchen. Denn zwei Drittel aller 18- bis 23-jährigen Frauen seien Opfer von „Hass im Netz“-Delikten, den Mädchen widerfahre das dreimal häufiger als Burschen.
Auch Zadic sieht Frauen als Hauptgruppe: „Viele viele junge Frauen, die online politisch aktiv sind“ sollen sich künftig rasch, niedrigschwellig und ohne allzu große Kosten gegen „wüste“ Beleidigung, Beschimpfung oder Bloßstellung in Onlineforen zur Wehr setzen können.
Sie werden per Formblatt die Ausforschung der Täter durch das Gericht anstoßen und mit dem neuen Mandatsverfahren binnen weniger Tage einen Unterlassungsbefehl erreichen können – und dies für die ersten drei Jahre kostenfrei. Danach werde evaluiert und über die künftigen Kosten entschieden. Außerdem wird die Prozessbegleitung durch Opferorganisationen angeboten. Das einschlägige Strafrecht (Cybermobbing, Verhetzung) wird nachgeschärft. Eine allzu große Mehrbelastungen für die Gerichte erwartet Zadic nicht. Etwas mehr Personal werde man wohl brauchen, das sei Sache der laufenden Budgetverhandlungen.
Für den Zugriff auf die Orte der Veröffentlichungen beschreite man mit der neuen Plattformzuständigkeit völlig neue Wege, erklärte Edtstadler. Über das neue Meldesystem und mit der Vorschrift für große Plattformen, eine Ansprechperson für Österreich zu nominieren, werde es möglich, Täter auszuforschen und die rasche Löschung zu erwirken. Außerdem müsse künftig Bericht gelegt werden, was gelöscht wurde und was nicht.
Im Sinn der Meinungsfreiheit werden aber nur große Plattformen (mit mehr als 100.000 Usern oder mehr als 500.000 Euro Umsatz) in die Verantwortung genommen – mit Ausnahmen für nicht gewinnorientierte Enzyklopädien (Wikipedia), Handelsplattformen (willhaben) und Zeitungsforen (die bereits erhöhte Löschpflicht hätten). Bei systematischen schweren Vergehen drohen „empfindliche“ Strafen bis zu 10 Mio. Euro – samt Abschöpfung inländischer Zahlungen (etwa für Werbung) an im Ausland sitzende Foren.
Eine betroffene Frau ist Grünen-Klubobfrau Sigi Maurer. Ihre (wie sie sagte) „leidige Geschichte mit dem Bierwirt“ geht demnächst in Fortsetzung. Mit dem neuen Schnellverfahren wäre hier flott für Klarheit gesorgt worden. Bisher seien die Möglichkeiten, sich zu wehren, sehr beschränkt gewesen, betonte Maurer – für viele Betroffene auch durch die Tatsache, dass sie eine Unterlassungsklage schnell einmal 10.000 Euro koste.
In Kraft treten soll das Paket gegen „Hass im Netz“ mit 1. Jänner 2021. Jetzt kommen drei Gesetzesvorlagen in die – laut Edtstadler lange – Begutachtung: Das Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz enthält die zivilrechtlichen Bestimmungen für das Mandatsverfahren samt Neufassung der Persönlichkeitsrechte im ABGB. Im zweiten Teil sind straf- und medienrechtliche Änderungen (Upskirting-Tatbestand, verschärfte Strafen und Medienrechts-Entschädigungsanspruch bis zu 100.000 Euro) zusammengefasst. Das „Kommunikationsplattform-Gesetz“ enthält die neue Plattformverantwortlichkeit.
Die Präsentation des lange erwarteten Gesetzespakets stellte die Opposition nicht wirklich zufrieden. SPÖ und FPÖ kritisierten, dass die Verantwortung zur Löschung von beanstandeten Inhalten letztlich wieder bei den großen Online-Konzernen liege. Die NEOS begrüßten das Gesetz grundsätzlich, vermissen aber die Zielgenauigkeit.