Slowenien schwärzte Medien beim Europarat an
Die slowenische Regierung hat in einem ungewöhnlichen Schritt die Medien des eigenen Landes beim Europarat angeschwärzt und dafür nicht nur scharfe Kritik der Opposition und von Journalisten geerntet. Auch drei Regierungsparteien distanzierten sich von dem Schreiben, dessen Autorenschaft das Regierungsamt für Kommunikation übernahm.
Medienfreiheitsorganisationen hatten im Rahmen des Europarates vor Übergriffen auf die Pressefreiheit in Slowenien gewarnt und konkret auf Aussagen des konservativen Ministerpräsidenten Janez Jansa über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk RTV Slovenija verwiesen.
In dem „Antwortschreiben“ zeigt sich die Regierung erfreut über das Interesse des Europarates an der Lage der Medien in Slowenien. Die Mediensituation sei nämlich eine Folge dessen, dass „die Mehrheit der wichtigsten Medien ihre Herkunft in dem früheren kommunistischen Regime hat“.
Bei dem Schreiben handelte es sich offenkundig um einen Alleingang der Demokratischen Partei (SDS) von Ministerpräsident Janez Jansa. Die mitregierenden konservativen und liberalen Parteien SMC (Partei des modernen Zentrums), DeSUS (Demokratische Pensionistenpartei) und NSi (Neues Slowenien) betonten nämlich, dass sie von dem Schreiben nicht in Kenntnis gesetzt worden seien. Man wolle Erklärungen zum Inhalt und dem Autor einfordern, hieß es weiter.
Die Opposition warf der Regierung unter anderem „Machtmissbrauch für politische Zwecke“ vor. Die Oppositionsparteien Linke, SAB, Sozialdemokraten und LMS von Ex-Premier Marjan Sarec ließen eine Sitzung von zuständigen Parlamentsausschüssen einberufen und wollen Erklärungen von Außenminister Anze Logar fordern, der als eigentlicher Urheber vermutet wurde. Kein Minister, und gar nicht der Außenminister, dürfte erlauben, dass solche Dokumente „eine persönliche oder parteiliche Konnotation“ haben, sagte Nik Prebil (LMS) laut STA. Die Linke forderte sogar den Rücktritt des SDS-Politikers.
Der Journalistenverband betonte, dass der Inhalt des Schreibens nichts mit der Realität des slowenischen Medienmarktes zu tun habe. „Es spiegelt lediglich ideologische Positionen der größten Regierungspartei wider und beschmutzt den Ruf Sloweniens im Ausland“, hieß es. Die Regierung will laut DNS damit die Aufmerksamkeit von der Tatsache ablenken, dass die internationale Öffentlichkeit die Unzulässigkeit der Druckausübung des Regierungschefs und seiner Partei auf Journalisten von RTV Slovenija erkannt habe.
Die Autorschaft ist laut Medienberichten unklar. Laut der Tageszeitung „Vecer“ teilte das Kommunikationsamt der Regierung zunächst mit, dass das Dokument im Außenministerium geschrieben worden sei. Später wurde das korrigiert und das Kommunikationsamt als Autor angegeben. Logar war während der ersten Regierungszeit Jansas Leiter des Kommunikationsamtes.
In dem Schreiben wird unter anderem hervorgehoben, dass das nationale Rundfunk bis 2004 direkt von den früheren kommunistischen Strukturen geleitet worden sei. Die Situation habe sich während Jansas erster Regierungsperiode (2004-2008) teilweise verändert, Führungspositionen in den Medien seien von Personen übernommen worden, die nicht mit der „früheren totalitären Partei“ verbunden waren, hieß es. Allerdings sei es unter der von Sozialdemokraten geleiteten Nachfolgerregierung in nationalen Medien, wie RTV Slovenija und der staatseigenen STA , zu „schweren Schikanen“ gegenüber Journalisten gekommen, die nicht zu den Netzwerken des früheren Regimes gehörten.
Auch in einigen Privatmedien hätten linkskritische Redakteure ihre Führungspositionen verloren. Dazu sei bei der Eigentumskonsolidierung ein Großteil der Medien in die Hände von sogenannten Tycoons gekommen, wovon viele zum Kreis des ersten slowenischen Staatspräsidenten und früheren Kommunistenchef Milan Kucan gehören, hieß es in dem Dokument weiter. Die Journalisten hätten laut dem Schreiben auch selbst zu ihren „zunehmend schlechten öffentlichen Ansehen“ beigetragen. „Die Übertritte vom Journalismus in die Politik sind, leider, zu häufig, damit die Öffentlichkeit voll und ganz in die Integrität von Journalisten vertrauen würde“, hieß es. Als Beispiel wurden die früheren Fernsehjournalistinnen, Tanja Fajon und Irena Joveva genannt, die heute slowenische Europaabgeordnete sind.