Urheberrechtsnovelle neu: Gemischte Reaktionen
Jahrelang wurde um die Anpassung des Urheberrechts an digitale Entwicklungen gerungen, heuer steht nun die Umsetzung der 2019 beschlossenen EU-Copyright-Richtlinie in nationales Recht an. Bis zum 7. Juni gibt es aber noch einiges an Diskussionsbedarf, wie Rückmeldungen von Beteiligten auf erste Arbeitsgruppenentwürfe des Justizministeriums zeigen. Allen voran die Allianz Zukunft Kreativwirtschaft kritisiert ein „Abweichen von Text und Geist der EU-Vorgabe“.
So beinhalte die EU-Richtlinie hinsichtlich des Urhebervertragsrechts „einen fein austarierten Interessensausgleich“, erklärte Franz Medwenitsch, Verband der österreichischen Musikwirtschaft und Sprecher der Allianz, im APA-Gespräch. Diese Balance dürfe nicht in Schieflage kommen, der erste Entwurf des Ministeriums sei aber „Gold-Plating in Reinkultur“, schieße also übers Ziel hinaus. Unter anderem sei vorgesehen, dass ein Urheber das Werknutzungsrecht aufgrund „gewandelter Überzeugung“ zurückrufen kann. „Wesentliche Grundsätze wie Rechtssicherheit, Vertragsfreiheit und Planungssicherheit werden unnötig infrage gestellt. Es liegt auf der Hand, dass sich das negativ auf den Kreativstandort Österreich auswirken würde“, so Medwenitsch.
Weiters sieht die Allianz die vielfach geforderte Schließung der „Wertschöpfungslücke“ nur unzureichend umgesetzt. Hierbei geht es um Online-Plattformen wie YouTube, auf denen von Nutzern hochgeladenes, urheberrechtlich geschütztes Material zu finden ist. Die Richtlinie ziele darauf ab, „dass die Plattformen urheberrechtlich verantwortlich sind und Lizenzverträge abschließen sollen“, so Medwenitsch. „Es geht um eine wirtschaftliche Teilhabe der Contentbranche. Die Plattformhaftung ist intensiv diskutiert worden und hat letztlich mit einem Kompromiss geendet. Dieser ist nun auch umzusetzen. Die Entwürfe des Justizministeriums schnüren diesen Kompromiss nun aber wieder auf und verwässern die Vorgaben.“
Außerdem finden sich der Allianz zufolge in den Entwürfen neue „Schlupflöcher“ für die Plattformen, wenn etwa kurze Ausschnitte von bis zu 20 Sekunden eines Videos oder einer Tonspur ausgenommen werden. Dadurch würden aktuelle Marktgegebenheiten nicht berücksichtigt, verwies Medwenitsch auf die überaus populäre App TikTok, wo viele Videos einer solchen Dauer entsprechen oder kürzer sind. In der Richtlinie sei von solchen Ausnahmen ohnehin keine Rede. „Und um klarzustellen: Wir wollen, dass kurze Ausschnitte ebenso wie der gesamte Content verfügbar sind, aber das soll lizenziert und vergütet werden.“
Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen Autoren betonte, dass ein Urhebervertragsrecht wie in der Richtlinie vorgesehen „in Österreich seit Jahrzehnten überfällig“ ist. „Und genauso überfällig ist es auch, dass große Plattformen endlich in die Pflicht genommen werden, für die auf ihnen stattfindende Nutzung angemessen zu zahlen.“ Die Entwürfe des Ministeriums seien „auf einem guten Weg“, so Ruiss. „Für uns geht es um die Details, für die Produzentenseite um alles“, verwies er auf unterschiedliche Wahrnehmungen.
Wie diffizil die Angelegenheit ist, machte auch Gernot Graninger, Generaldirektor der Verwertungsgesellschaft AKM, deutlich. „Es geht einfach um die Anpassung des Urheberrechts an neue Formen und Businessmodelle.“ Die Schließung des „Value Gap“ sei zwar für AKM wie große Musiklabels zentral, „aber es gibt natürlich Unterschiede“. Was man bei der AKM durch veränderten Musikkonsum verloren habe, „können wir online nicht kompensieren. Ein Major-Label aber schon.“ Wichtig sei, dass die AKM auch für neue Technologien Lizenzierungen vornehmen könne. „Wir vertrauen darauf, dass es so umgesetzt wird. Wir können nicht wehklagen über die Entwürfe, wollen aber auch keine Überraschungen.“
„Differenziert“ fällt das Urteil der Bürgerrechtsorganisation epicenter.works auf die Entwürfe aus. Bei den viel diskutierten Uploadfiltern für Onlineplattformen seien Bestimmungen wie Pre-Flagging, Bagatellgrenzen und Verbandsklage positiv zu werten. Diese würden „das Problem für die Meinungsfreiheit durch automatisierte Filter eingrenzen“. Problematischer sei allerdings das ebenfalls in der Novelle enthaltene Leistungsschutzrecht für Presseverleger, das kleine Medien und Verlage in ihren Rechten zu beschneiden drohe. Hier sei nämlich eine Verwertungsgesellschaftspflicht vorgesehen. „Damit können große Medienhäuser den kleineren Verlagen und Medien diktieren, wie sichtbar deren Inhalte in Suchmaschinen und Nachrichtenaggregatoren sein dürfen“, so die NGO.
Der Suchmaschinenriese Google wiederum, auf den diese Passage unter anderem abzielt, betonte die Vorteile für Nutzer wie Presseverlage, wenn man relevante Informationen im Internet finde und somit über die Google-Suche Traffic auf die Websites generiert werde. Entsprechend sei bei der Umsetzung wichtig, „die Interessen aller in Einklang zu bringen“. Was den Artikel 17 wiederum, also die sogenannte Plattformhaftung betrifft, verweist die YouTube-Mutter Google auf „konstruktive Gespräche mit europäischen Mitgliedsstaaten“. Ziel müsse sein, dass Urheber entsprechend entschädigt werden. „Die Details der lokalen Umsetzung sind hier aber von großer Bedeutung. Eine zu breite, zu wenig spezifische Ausformulierung könnte unbeabsichtigte Konsequenzen haben. So könnten viele Inhalte auf YouTube für BürgerInnen der EU nicht mehr zugänglich sein und damit auch der Lebensunterhalt von Hunderttausenden von YouTube-Kreativen untergraben werden.“
Seitens des Justizministeriums verwies man gegenüber der APA auf die insgesamt 56 teils sehr umfangreichen Rückmeldungen zu den Anfang Dezember verschickten Arbeitsgruppenentwürfen, die man derzeit durcharbeite. Diese sollen auch in den Begutachtungsentwurf eingearbeitet und politisch abgestimmt werden.